SPD–JuristInnen befürworten bundesweite Volksabstimmungen

AsJ-Verfassungsabend 27.05.2011
Brigitte Zypries MdB, Christine Lambrecht MdB, Heiko Maas, Vorsitzender der Saar-SPD, Sabine Heilmann, Vorsitzende der AsJ Darmstadt und Mathias Metzner, stellv. Vorsitzender der AsJ Hessen-Süd (v.l.n.r.)

Die Diskussion um „Direkte Demokratie“ ist aktueller denn je – das hat nicht zuletzt die Auseinandersetzung um „Stuttgart 21“ gezeigt. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) Hessen-Süd beschäftigte sich Ende Mai anlässlich des Verfassungstags in Darmstadt mit der Debatte um mehr direkte Beteiligung der Bürger auf Bundesebene. Referent war Heiko Maas, Landesvorsitzender der Saar-SPD und federführend beim Parteivorstand für dieses Thema.

Nach über 60 Jahren Bundesrepublik gebe es in Deutschland keinen Grund mehr, den Menschen die Mitsprache bei wichtigen Bundesthemen vorzuenthalten, zumal die direkte Demokratie auf Kommunal- und Landesebene schon praktiziert werde, erklärten Sabine Heilmann und Mathias Metzner im Rahmen der Einführung. Sie begrüßten, dass nun ein neuer Anlauf für Grundgesetzänderungen mit Zweidrittel-Mehrheit geschaffen werde, nachdem die Abstimmung des rot-grünen Gesetzentwurfes zur Einführung der direkten Demokratie auf Bundesebene im Jahr 2002 gescheitert war.

In der Zukunftswerkstatt „Demokratie und Freiheit“ wurde unter Federführung von Heiko Maas, ein Konzept erschaffen, das neue Maßstäbe für die Transparenz und Mitbestimmung demokratischer Prozesse aufzeigt. Das Arbeitspapier ist mittlerweile vom Bundesvorstand beschlossen worden und beinhaltet den Entwurf für die Einführung eines bundesweiten Volksentscheids, sowie weitere Vorschläge zum Ausbau der Demokratie.

Ein zentraler Bestandteil ist die Einführung einer sogenannten „Volksgesetzgebung“. Hierbei soll einerseits auf die Transparenz der Finanzierung von Initiativen geachtet werden und andererseits werden Vorschläge zur Kostendeckung gemacht.

Daneben soll die parlamentarische Demokratie durch Bürgerbeteiligung bei Großprojekten, Demokratisierung der Wirtschaft und die Regulierung der Finanzmärkte weiterentwickelt werden. Situationen wie bei Stuttgart 21 sollen durch Mediation, öffentliche Debatten im parlamentarischen System und digitale Beteiligungsverfahren vermieden werden. Darüber hinaus müssten die Beteiligten aus Politik und Zivilgesellschaft lernen, andere Meinungen zu akzeptieren und konstruktiv nach Lösungen von Konflikten zu suchen.

Besondere Aufmerksamkeit richtete die Versammlung auf die Einbindung sozial schwacher Gruppen in den politischen Prozess – die Zivilgesellschaft dürfe nicht nur durch Besserverdienende und Gutgebildete repräsentiert werden.

Auch etliche Detailfragen zum Thema „Direkte Demokratie“, wie die Höhe der Quoren und die rechtsstaatliche Absicherung des Vorhabens wurden im Rahmen der Veranstaltung beleuchtet.

Zuletzt fand sich ein Hinweis auf die Parteireform der SPD, mit der innerhalb der Partei mehr Basisdemokratie gelebt werden soll. Während einige Teilnehmer direkte Demokratie als Heilmittel gegen Politikverdrossenheit und die vermeintlich arrogante Politik beschworen, warnten andere vor der Gefahr eines etwaigen Ventils für populistische Forderungen. Für die Veranstalter sind direkte und parlamentarische Demokratie keine Gegensätze, sondern eine Ergänzung mit plebiszitären Elementen.

Wie die Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht in ihrem Schlusswort ankündigte, wird die SPD in den kommenden Wochen und Monaten dafür kämpfen, dass das neue Partizipations-Modell schon bald eine parlamentarische Verfassungsmehrheit im Bundestag findet. Spätestens mit Blick auf die nächste Bundestagswahl könnte das Maas-Konzept nach seiner Verabschiedung auf dem SPD-Bundesparteitag dann Bestandteil eines SPD-Regierungsprogrammes sein.