Es war einmal

Portraitfoto von Gernot Grumbach

Es war einmal eine Gewerkschaft namens ÖTV, ein Vorsitzender namens Heinz Kluncker und das Jahr 1974. Müllwerker und Busfahrer erstreikten eine zweistellige Lohnerhöhung. Die Bundesregierung hatte zur Zurückhaltung gemahnt. Klunckers Antwort war sehr klar: „Lohnverzicht bringt auch den Arbeitslosen nichts, sondern führt nur zu einer weiteren Konzentration der Vermögen.“ Betrachtet man die Entwicklung der Lohnkosten und der Vermögen in den letzten 15 Jahren, scheint was dran zu sein. Eine interessante Anregung aus der Vergangenheit.

Aber es gibt noch eine zweite Anregung aus diesem Streik. Müllwerker und Busfahrer waren die durchsetzungsstärksten Beschäftigten, aber das Ergebnis ihres Streiks kam allen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zugute. Heute scheint das anders: Piloten, Ärzte und Lokführer kämpfen für sich. Pfleger, Bodenpersonal und Zugbegleiter profitieren nicht. Teilweise ist das Gegenteil der Fall. Unter dem bestehenden ökonomischen Druck zahlen sie für die besseren Abschlüsse der anderen mit Arbeitsverdichtung und geringeren Lohnsteigerungen. Statt Solidarität zwischen allen Berufsgruppen einer Sparte Konkurrenz um die Anteile an der Lohnsumme. Niemand bestreitet das Recht für alle, sich gewerkschaftlich zu organisieren und ihre Interessen durchzusetzen. Aber die Konkurrenz zwischen den Berufsgruppen macht alle schwächer. Es wäre eine kluge Lehre aus der Vergangenheit, das zu beenden.