"Bei uns läuft es nicht wie bei der CDU. Wir reden regelmäßig mit der Basis unserer Partei um zu erfahren, was diese denkt", eröffnete Gernot Grumbach die Regionalkonferenz des Bezirks Hessen-Süd. Zu diesem Anlass waren Genossinnen und Genossen aus ganz Südhessen in Hofheim zusammengekommen. Zu Gast waren Andrea Nahles, Yasmin Fahimi und Thorsten Schäfer-Gümbel.
"Immer wieder höre ich die Frage: ‚Sind wir jetzt der ewige Juniorpartner in der großen Koalition?‘ Mitnichten. Wir regieren in 14 von 16 Landesregierungen und in neun Ländern stellen wir die Regierungsspitze. Das ist etwas, worauf man stolz sein kann", begann Yasmin Fahimi. Noch immer sei die SPD der Motor – im Land und eben auch in der Großen Koalition. Doch ebenso stünden die Sozialdemokraten vor der Herausforderung, Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen. Insbesondere in der Altersklasse der 25-45-Jährigen habe die SPD massiv verloren und schwächele bei den weiblichen Wählern. Fahimi unterstrich die bisherigen Erfolge, verwies aber auf die nun anstehenden Aufgaben. "Wir regieren nicht einfach irgendwie, sondern nach unserer politischen Agenda. Und das heißt auch, dass wir weiter denken und einen Vorrat an Ideen anlegen. Aus Dankbarkeit wird niemand gewählt, sondern nur wenn man Visionen für morgen hat." Dies will die SPD mithilfe von Themenlaboren, dem Programmprozess "Digital Leben" und der Kampagne "Hallo Nachbar" erreichen. Auf Bundesebene wird Ende nächsten Jahres ein gemeinsames Programm für die digitale Gesellschaft verabschiedet.
"Vor einem Jahr standen wir mitten in den Abstimmungen. In einem bundesweit beachteten Mitgliedervotum. Damals waren wir ganz schön nervös", erinnerte Andrea Nahles die rund 200 Genossinnen und Genossen. "Ein Jahr später bin ich jetzt hier um Rechenschaft abzulegen. Weil wir uns diesem Votum der Partei gegenüber verpflichtet fühlen." Sie bezeichnete die Mütterrente und die Rentenauszahlung an Ghetto-Arbeiter in diesem Jahr als Erfolg. Doch besonders beim Erfolg "Mindestlohn" sei die Arbeit noch nicht getan. "Jetzt müssen wir den Mindestlohn noch in die Betriebe kriegen", mahnte Nahles. Zur Unterstützung habe die SPD eine Hotline eingerichtet, bei der man Verstöße, auch anonym, melden könne. Das Tarifpaket und die Tarifeinheit bringen wieder mehr Lohngerechtigkeit und seien wichtig für die Solidarität im Betrieb. Gegen den Vorwurf das Streikrecht aufzubrechen, wehrte sich Andrea Nahles entschieden. "Ich habe die Tarifautonomie gestärkt wie keine zuvor. Es ist schon fast unverschämt heute so angegangen zu werden. Es sollen nur Instrumente gestärkt werden, eine Tarifkollision zu vermeiden."
Im Mittelpunkt stand außerdem die Kritik an der nur "lauen" Debatte um TTIP. Diese müsse intensiver innerhalb der Partei geführt werden, denn TTIP betreffe dringende Zukunftsfragen. Da passiert etwas und wir kriegen nichts mit und können nichts dazu sagen. Wir müssen innerhalb der Partei mehr diskutieren und die Ergebnisse dieser Diskussionen müssen mit in die Position der SPD einfließen, forderte einer der anwesenden Genossen den Parteivorstand zu mehr Offenheit auf. Regen Zuspruch fand die vorgestellte Nachbarschaftskampagne. "Die Leute erwarten nicht mehr nur, dass wir Kugelschreiber verteilen. Sie wollen ernst genommen werden. Sonst wählen sie eine andere Partei." Peter Feldmann habe das in Frankfurt vorgemacht.
"Es gibt genügend Arbeit für uns, lasst sie uns nur wirklich angehen. Lasst uns diese Arbeit auf der Ortsvereins- und Unterbezirksebene angehen. Dann gewinnen wir Vertrauen und dann gewinnen wir auch Wahlen", schloss Thorsten Schäfer-Gümbel die rund dreistündige Diskussion.