Die SPD-Familie freut sich über Nachwuchs

Wilhelmine Müller hat Parteigeschichte geschrieben. Dafür genügte eine Unterschrift auf dem Mitgliedsantrag der SPD. Die 102-Jährige aus Wetzlar-Naunheim ist das älteste Neumitglied in der Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Der Bedeutung angemessen haben der stellvertretende Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel, die heimische Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt und die Ortsvereinsvorsitzende Andrea Volk das Parteibuch überreicht. Gleichzeitig erhielt auch ihr Schwiegersohn Günter Kratkey sein Parteibuch. Er ist ebenfalls vor kurzem eingetreten.

Andrea Volk, Thorsten Schäfer-Gümbel, MdL (hinten) und Dagmar Schmidt, MdB (vorne) freuen, dass Wilhelmine Müller mit 102 Jahren in die SPD eingetreten ist.

„Das Buch fühlt sich gut an,“ sagt Oma Mini. So wird sie in ihrer Großfamilie mit drei Töchtern, acht Enkelkindern, zehn Urenkelkindern und sechs Ururenkelkindern genannt. „Du hast eine liebevolle Familie, eine fürsorgliche Nachbarschaft und jetzt bist Du noch Teil der SPD-Familie. Wir sind sehr stolz,“ sagt Thorsten Schäfer Gümbel und überreicht Wilhelmine Müller das rote Buch.

Und nicht nur das Buch fühlt sich gut an. Man merkt, dass sie in die Partei eingetreten ist, zu der sie schon immer eine besondere Nähe hatte. Für Wilhelmine ist der Eintritt in die SPD nur konsequent, wenn man sich ihr Leben und ihre Haltung genau ansieht. Das beginnt schon in ihrer Jugend im Nationalsozialismus. Sie erzählt wie sie Nationalsozialisten, die gerade in der Wirtschaft eine Pause machten, die Fahne vom Auto geklaut und später verbrannt hatte. Was heute wie ein Jugendstreich klingt, hätte damals tödlich enden können. „Wenn die mich erwischt hätten, wäre ich heute vielleicht nicht hier.“ Bis heute ärgert sie sich, wenn sie von Demonstrationen oder Aktionen von Nazis hört und wünscht sich, dass diese nie wieder an die Macht kommen. „Das macht Mut,“ sagt die Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt mit Blick auf Wilhelmines Haltung, aber auch mit Blick auf ihren Lebenslauf.

Ihr Mann ist im Zweiten Weltkrieg gefallen und so musste sie ihre drei Töchter Christel, Irene und Marlies alleine groß ziehen. Als Küsterin der evangelischen Kirchengemeinde in Naunheim verdiente sie ein kleines Einkommen und führte den Dienst 42 Jahre lang aus. Die Ortsvereinsvorsitzende Andrea Volk erinnert sich, dass sie als Kind mit ihrer Familie immer sehr knapp zum Gottesdienst an Heiligabend in die Kirche kamen. Sie hatten vorher noch Verwandte auswärts besucht. Wilhelmine war immer hilfsbereit, wusste wo noch freie Plätze waren und wies der Familie Plätze in der ersten Reihe zu. Wilhelmine Müller engagierte sich aber auch ehrenamtlich, gründete den Frauenchor mit und arbeitete im heimatgeschichtlichen Verein und dem VdK-Ortsverband mit.

Auch die Presse war vor Ort um zu berichten.Und für sie war immer klar, dass sie SPD wählt. „Es wird keine andere Partei gewählt, habe ich nie gemacht.“ Warum ist sie aber nun noch mit 102 Jahren in die SPD eingetreten? „Das liegt an Thorstens Charme,“ sagt Oma Mini mit einem Lächeln und blickt zu Thorsten Schäfer Gümbel. Er hatte sie auf dem Frühlingsfest der SPD Wetzlar kennen gelernt. Die beiden verstanden sich sofort und „TSG“ hat die Chance ergriffen und Oma Mini die Parteimitgliedschaft angeboten. Das beste Mittel der Mitgliederwerbung ist immer direkt zu fragen. Und in diesem Fall wurde sogar Parteigeschichte geschrieben.

Von Stefan Scholl
Pressesprecher SPD Lahn-Dill