Forum Eine Welt: „Pläne der Bundesregierung zum neuen Rüstungsexportkontrollgesetz“ mit Dr. Simone Wisotzki

Dr. Simone Wisotzki von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung ist auch zuständig für den bereits erschienen neuen Bericht der GKKE zum Rüstungsexport der Bundesrepublik. Der Entwurf des Gesetzes wird als Fortschritt gelobt, aber es gibt auch noch Mängel. Die bisherigen Richtlinien der Bundesregierung sind im Jahr 2000 entstanden und mehrfach überarbeitet worden(zuletzt 2019). Sie beinhalten die Genehmigung von Rüstungsexporten von Kriegswaffen nur in NATO-Länder und der NATO gleichgestellte Länder (Australien, Neuseeland, Japan, Schweiz). Sie verbietet den Export in Länder in Spannungsgebieten und in Länder, die die Menschenrechte missachten. In der Genehmigungspraxis ist die nicht eingehalten worden, zum Beispiel durch Genehmigungen an Ägypten und Saudi-Arabien. Oft mit dem schwammigen Hinweis, es sei im Sicherheitsinteresse der Bundesrepublik.

In diesem Kontext sind die Waffenlieferungen der Ukraine zu betrachten. Ukraine liegt eindeutig in einem Spannungsgebiet, sie befindet sich im Krieg mit Russland, das die Ukraine angegriffen hat. Hier trifft aber der Artikel 51 der Charta der UNO zu, der besagt, dass jedes Land einem angegriffenen Land, das in seiner Souveränität und in der Integrität seiner Grenzen bedroht ist, zu Hilfe kommen kann. In diesem Kontext sind also Waffenlieferungen völkerrechtlich legitimiert.
Weitere Grundlagen für Restriktionen von Waffenlieferungen sind der EU-Gemeinsame Standpunkt und das UNO-Abkommen Arms Trade Treaty. Dem ATT sind nicht alle Länder der UNO beigetreten, z.B. fehlt Indien, Russland. Auch der Gemeinsame Standpunkt wird nicht von allen europäischen Ländern gleich eingehalten, das Manko bei beiden Vorschriften ist, es gibt keine Sanktionsmöglichkeiten.

Dass die Bundesregierung jetzt die Leitlinien in ein Gesetz gießen will, hat den Effekt, dass es keine Ausnahmen mehr geben kann, die nicht im Gesetz beschrieben sind.
Probleme werden sich ergeben, wenn die Europäische Union die gemeinsame Rüstungsproduktion im Rahmen einer Gemeinsamen Verteidigungspolitik umsetzt. Frankreich und Deutschland haben sehr unterschiedliche Exportkulturen, hier müsste eine Regelung gefunden werden.
Aus den bisherigen Anhörungen und den Statements zu den Eckpunkten des neuen Rüstungsexportgesetz kann man folgende Verbesserungen sehen: Die Kriterien werden verstärkt. Menschenrechtsverletzungen werden als Ausschlusskriterium gewertet, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Korruption werden zusätzliche Kriterien sein. Die Überwachung des Endverbleibs soll verstärkt werden. Es soll eine Begründungspflicht geen, wenn ein Land deutsche Kriegswaffen weiter veräußern will. Der Technologietransfer durch die Gründung von Tochterfirmen soll genehmigungspflichtig sein. Ein Verbandsklagerecht soll etabliert werden. Wichtig für die Ausführung des Gesetzes ist, das Menschenrechtskriterium genau zu definieren. Es soll ein Beirat für Rüstungskontrolle geschaffen werden.

Die Länder, die der NATO gleichgestellt werden, sollen um Süd Korea und Singapur erweitert werde. Singapur ist sehr problematisch.
Unser Fazit: Die geplante gemeinsame EU Rüstungsproduktion, die wegen der Synergien für die EU Staaten Kostenersparnisse bringen können, werden den Exportdruck erhöhen. So hat Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht schon erwähnt, dass dann Exportbeschränkungen gelockert werden müssten. Durch die weltweite Aufrüstung und durch den Wumms der 100-Milliardenspritze für die Bundeswehr bewirkte Expansion der Rüstungsindustrien, entsteht Exportdruck, weil sich dann Rüstungsprojekte besser amortisieren lassen.

In der Tradition unserer bisherigen Positionen zum Rüstungsexport sollten wir die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten.